Aktenberge bis zur Decke
Ja, ich war geschockt! Mein erster Besuch seit vielen Jahren in einem Geschäftszimmer eines Amtsgerichts. Drei Wände des Raumes waren komplett bis zur Decke bestückt mit Akten. In der Mitte ein langer Tisch, ebenfalls voll mit Ordnern und Akten. Auch die zwei überdimensionalen Schreibtische vor der Fensterfront, übersät mit Papier.
Wahrscheinlich standen mir Mund und Augen offen bei diesem Anblick. Bin ich es doch seit 8 Jahren in Software-Unternehmen gewohnt, papierlos zu arbeiten.
Geschäftsstellen stöhnen bei beA – dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach
Gespräche mit Geschäftsstellenmitarbeiter:innen führten zur weiteren Ernüchterung. Niemand will dort die papierlose Akte! Stellt sich die Frage – warum?
- Seit Jahren wird dort hybrid gearbeitet. Das heißt, alles, was digital eingeht, muss noch einmal ausgedruckt werden für die Papierakte.
- beA funktioniere nicht richtig, wird mir mitgeteilt. Der Abruf von Unterlagen dauere mitunter ewig.
beA – das besondere elektronische Ausbremsen?
Genau so bezeichnete eine Rechtsanwaltsfachangestellte das besondere elektronische Anwaltspostfach. „Muss ich zur Fristwahrung einen Schriftsatz über beA versenden, beginne ich damit schon morgens um 8 Uhr, damit ich gewiss sein kann, dass bis 16 Uhr der Schriftsatz durch ist.“
Das hier der Frust vorprogrammiert ist, ist klar.
Wie tauschen rechtliche Betreuer:innen Dokumente mit Gerichten aus?
Da beA nur für die Kommunikation zwischen Gerichten und Anwälten genutzt werden kann, ist für die Berufsbetreuergruppe eBO – das elektronische Bürger- und Organisationspostfach das richtige Medium. Doch beim Nachfragen bei den Geschäftsstellen der Betreuungsgerichte ernte ich ein kopfschüttelndes Lächeln. Rein theoretisch sollte das schon funktionieren – aber in der Praxis?
Man rät mir zum Fax. Dann müsse wenigstens nicht ich das Dokumentenkonvolut ausdrucken, sondern die Geschäftsstelle. Um es dann wieder in der Papierakte abzuheften.
Und was hat Covid19 damit zu tun?
Zu Beginn der Covid-19-Krise bediente sich die Bundesregierung aller zur Verfügung stehenden Spezialisten im Land. Man zog an einem Strang. Gemeinsam wurden Handlungsregeln und -empfehlungen überlegt, entschieden und verkündet.
Meine Meinung: Um den Gerichten das papierlose Arbeiten zu erleichtern, würde die zuvor beschriebene Strategie (Hinzuziehung von Spezialisten) einen guten Schub nach vorne geben.
Was denken Sie über dieses Thema? Nutzen Sie gerne die Kommentarfunktion.